Scheidegg erhält den European Energy Award in Gold

Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber zeichnet auch noch weitere Kommunen für ihre Klimaschutzaktivitäten aus

Strahlende Gesichter gab es in Scheidegg bei der Verleihung des European Energy Award durch Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber. Unser Foto zeigt (hintere Reihe von rechts nach links) Angelina Stercken (Bundesgeschäftsstelle eea), Gertrud Epple (Vorsitzende des Kemptener Klimaschutzbeirats), Scheideggs 1. Bürgermeister Ulrich Pfanner, Peter Berek (Landrat des Landkreises Wunsiedel), Andreas Bodenschlägel vom Landratsamt Kulmbach, Ingrid Flieger (Klimaschutzmanagerin des Landkreises Kulmbach), (vordere Reihe von links) Kauferings 1. Bürgermeister Thomas Salzgeber, Immenstadts 1. Bürgermeister Nico Sentner, Königbrunns 2. Bürgermeister Maximilian Wellner, Umweltminister Thorsten Glauber, Maithe Parbel (Stadt Sonthofen) und Martin Sambale (Landesgeschäftsstelle eea und eza!-Geschäftsführer). Foto: eza!/Thomas Gretler

 

Bayerns Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz Thorsten Glauber hat in Scheidegg acht bayerischen Kommunen mit dem European Energy Award für ihre besonderen Leistungen beim Klimaschutz ausgezeichnet: Kaufering, Immenstadt, Sonthofen, Königsbrunn, Kempten, Scheidegg sowie die Landkreise Kulmbach und Wunsiedel. Besondere Ehre für Gastgeber Scheidegg: die Westallgäuer Gemeinde erhielt den European Energy Award in Gold.

Der European Energy Award, kurz eea, ist ein europäisches Managementprogramm für die kommunale Klimaschutzpolitik, das sich bereits in zahlreichen Kommunen als wichtiges Hilfsmittel für eine kontinuierliche und tatsächlich nachhaltige Energie- und Klimaschutzpolitik bewährt hat. Der eea bietet den teilnehmenden Städten, Gemeinden und Landkreisen Begleitung und Beratung bei der Planung und Realisierung von energie- und klimaschutzpolitischen Zielen und Maßnahmen. Bei einer erfolgreichen Teilnahme, die vom Freistaat Bayern gefördert wird, winkt die Auszeichnung mit dem European Energy Award.

Dafür müssen 50 Prozent der für die Kommune möglichen Punkte in den verschiedenen Handlungsfeldern erreicht werden. Bei 75 Prozent aller möglichen Punkte winkt der European Energy Award in Gold. Zu den Handlungsfeldern zählen: Raumordnung und kommunale Entwicklungsplanung, kommunale Gebäude und Anlagen, Versorgung und Entsorgung, Mobilität, interne Organisation sowie Kommunikation und Kooperation zur Einbindung von Bürgern, Unternehmen und weiteren Akteuren.

Die diesjährigen Preisträger

Markt Kaufering

An der Marktgemeinde Kaufering erkennt man, so Umweltminister Glauber in seiner Laudatio, wie das Engagement gerade auch der ehrenamtlichen Mitglieder des Klima- und Umweltbeirats und ein überzeugter Bürgermeister in Verbindung mit einem unablässigen Bauamtsleiter dazu beitrage, Klimaschutz in der Gemeinde systematisch umzusetzen.

Zentral für die raumplanerische Weiterentwicklung des Marktes ist das Baugebiet Lechfeldwiesen V. Auf der Basis eines Architektenwettbewerbs und unter besonderer Berücksichtigung der Landschaftsarchitektur entwickelt der Markt Kaufering als Bauherr sieben gemeindeeigene Mehrgeschosswohnhäuser mit 120 Wohneinheiten, um den Bürgern bezahlbaren Mietwohnraum zur Verfügung stellen zu können. Das seit einem Jahr im Bau befindliche Wohnquartier wird autofrei entwickelt und bündelt den motorisierten Individualverkehr einzig in einer Tiefgarage. Besonderes Augenmerk wird nach dem Prinzip der Schwammstadt auf eine wasserdurchlässige Bepflanzung mit Sträuchern und Bäumen sowie auf Dachbegrünungen gelegt. Neben den Photovoltaikanlagen und dem Anschluss an die gemeindeeigene Biomasse-Nahwärme ermöglicht die Gebäudekonstruktion auf Basis von Massivholzbauweise eine nachhaltige Wohnbebauung mit angenehmem Raumklima.

Die Marktgemeinde Kaufering hat beim externen Audit 60,6 Prozent der möglichen Punkte erreicht und kann damit bereits drei Jahren nach dem Wiedereinstieg in das Programm ausgezeichnet werden.

Stadt Immenstadt

Immenstadt wurde zum ersten Mal mit dem European Energy Award ausgezeichnet. Umweltminister Glauber erinnerte in seiner Laudation daran, dass Immenstadt bereits vor 28 Jahren ein Wärmenetz mit einem Biomasse-Heizwerk gebaut hat. Dieses wird insbesondere mit Bruch- und Schwachholz aus dem 1.000 Hektar großen Stadtwald betrieben. Bislang sind das Hallenbad, das Schul- und Sportzentrum, ein Kindergarten, die Grund- und Hauptschule, das Krankenhaus und sieben Wohnblöcke angeschlossen. Aktuell laufen die Planungen für die Erweiterung. Dafür muss insbesondere das Heizwerk vergrößert und erneuert werden. Nächstes Jahr beginnen dann die Bauarbeiten für den zweiten Bauabschnitt in der Altstadt. Die Anschlussbereitschaft ist hoch. Auch im städtebaulichen Vertrag für das neuentstehende Kirchplatzquartier in KfW40-Bauweise wurde der Anschluss an das Fernwärmenetz festgesetzt. Für die Grundlast der zukünftigen Netzerweiterung sollen Großwärmepumpen zum Einsatz kommen.
Ein weiterer Fokus der Stadt liegt auf der Nachhaltigkeit bei kommunalen Bau- und Sanierungsvorhaben, wie beispielsweise bei der Sanierung und Erweiterung des Kindergarten Steins oder dem Neubau des Feuerwehrhauses Bühl. Das neueste Highlight der städtischen Klimaschutzpolitik ist ein Batterie-Großspeichers, der auf einem Grundstück der Stadt beim Umspannwerk gebaut wird. Hier kann der Strom für einen Tag für rund 3.500 Haushalte gespeichert werden.

Die Stadt Immenstadt hat im externen Audit 51 Prozent der möglichen Punkte erreicht.

Stadt Sonthofen

Schon zum vierten Mal nahm die Stadt Sonthofen am European Energy Award teil und sammelte dabei unter anderem als „Radstadt“ Punkte. Die Radverkehrsinfrastruktur werde auf der Grundlage des 2019 fertiggestellten Radverkehrskonzepts weiter ausgebaut und damit immer noch attraktiver, so Glauber. Für die dabei erzielten Fortschritte zeichnete die Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen in Bayern (AGFK Bayern e.V.) Sonthofen als "Fahrradfreundliche Kommune in Bayern" aus.
2023 wurde das neugestaltete Mobilitätszentrum am Sonthofener Bahnhof eingeweiht und ein moderner Verknüpfungspunkt zwischen Schienen- und Nahverkehr geschaffen.

Neben dem Neubau eines Busbahnhofs mit sechs überdachten Haltestellen wurde im Zuge des Projekts eine überdachte Radabstellanlage mit 135 Radstellplätzen errichtet. Der Bahnhofsvorplatz ist weitgehend verkehrsfrei angelegt – mit Sitzgelegenheiten, Wasserspiel und Erhalt beziehungsweise Ergänzung des Baumbestands. Auch der Alemannenplatz wurde umgestaltet und ist nun ein verkehrsberuhigter begrünter Aufenthaltsort mit Sitzgelegenheiten und Radstellplätzen.

Als Leuchtturmprojekt kann zudem das neue Carsharing-Angebot in Sonthofen gewertet werden, das Ende 2023 als Kooperation der Stadt mit dem lokalen Energieversorger AKW und der Wohnbaugesellschaft SWW Oberallgäu realisiert wurde. Aktuell sind drei Elektrofahrzeuge an drei Standorten per App buchbar. Ein weiterer Ausbau ist geplant.

Die Stadt Sonthofen erreichte im externen Audit 57,8 Prozent der möglichen Punkte.

Stadt Königsbrunn

Die Stadt Königsbrunn, die zum zweiten Mal mit dem European Energy Award ausgezeichnet wurde, bekam von Glauber insbesondere für ihre Anstrengungen im Bereich der Mobilität ein Lob. Vieles sei bereits erreicht worden, zum Beispiel die Anbindung der Stadt Königsbrunn an das Straßenbahnnetz von Augsburg. Seit Dezember 2021 verbindet die neue Linie 3 die Stadt Königsbrunn direkt mit Augsburg. Im 15-Minuten-Takt geht es tagsüber in nur 30 Minuten vom Königsplatz im Zentrum Augsburgs nach Königsbrunn und umgekehrt. Da die Straßenbahnen klimaneutral mit Ökostrom unterwegs sind, spart die neue Linie bei rund 10.000 Fahrgästen am Tag rund 16,8 Millionen Pkw-Kilometer pro Jahr ein – das macht fast 4.000 Tonnen CO2 pro Jahr.
Zudem übernehmen seit diesem Jahr sechs Elektrobusse den Stadtbusverkehr in Königsbrunn. Sie legen zusammen 580.000
Fahrplankilometer zurück. Damit werden jährlich fast 250 Tonnen CO2 eingespart.
Königsbrunn erreichte beim externen Audit 58,2 Prozent der möglichen Punkte.

Stadt Kempten

2022 hat Kempten mit dem Klimaplan 2035 beschlossen, bis 2035 klimaneutral zu werden. „Um das ehrgeizige Ziel zu erreichen, hat die Stadt unter anderem wichtige Maßnahmen im Bereich Mobilität gestartet und umgesetzt“, betonte Glauber bei der diesjährigen Preisverleihung. So steigern zwei neue Ringbuslinien die täglich gefahrenen ÖPNV-Kilometer um 50 Prozent. Zudem wurden bereits große Teile des Busangebots auf vollelektrische Antriebe umgestellt. Bereits nächstes Jahr soll das Busnetz vollständig elektrisch betrieben werden. 

Weiter unterstützt die Stadt Kempten viele Schulen auf dem Weg zur Klimaschule. Die Kemptener Initiative gilt als Vorbild und Vorlage des Programms „Klimaschule Bayern“. Das Hildegardis-Gymnasium als Vorreiter wurde 2024 mit dem Sonderpreis Energiesparmeister ausgezeichnet. 

Die Stadt Kempten wird zum vierten Mal mit dem European Energy Award ausgezeichnet. Aufgrund der Verschärfung der Bewertungskriterien im eea konnte der Gold-Status nicht aufrechterhalten werden. Die Stadt Kempten erreichte im externen Audit 2024 dennoch ein sehr gutes Ergebnis mit 70,2 % der möglichen Punkte.

Landkreis Kulmbach

Absoluter Vorreiter ist der Landkreis Kulmbach mit dem „Digitalen Energie-Zwilling“. Der Digitale Zwilling des Landkreises Kulmbach bietet Antworten auf wichtige energietechnische Fragen. Für alle Gebäude und Grundstücke können die Solarpotenziale für PV und Solarthermie, die Gründachpotenziale, der Jahreswärmebedarf für sanierte und unsanierte Gebäude, die Erdwärmepotenziale sowie die Deckungspotenziale für die Wärmepumpentechnologie abgerufen werden. Von den im Internet veröffentlichten neutralen Informationen des Digitalen Zwillings profitieren nicht nur die Energie- und Klimaschutzberatung, die der Landkreis Kulmbach seit 2008 anbietet, sondern alle Bürgerinnen und Bürger des Landkreises.

Der Landkreis Kulmbach ist zudem Wasserstoffmodellregion HyStarter des Bundes. Ein Ziel ist die Dekarbonisierung des Verkehrs und der Einsatz von Klimafreundlichen Nutzfahrzeugen. Mit engagierten Unternehmen wurde die Beteiligungsgesellschaft H2KU GmbH gegründet, um eine H2-Tankstelle für LKW/PKW zu bauen. Weiterhin zeichnet den Landkreis Kulmbach der intensive Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektromobilität in Kooperation mit seinen Gemeinden aus. So wurde seit 2016 eine flächendeckende Ladeinfrastruktur in dem ländlichen Raum geschaffen. 

Der Landkreis Kulmbach erzielte im externen Audit 56 Prozent der möglichen Punkte und wird mit dem European Energy Award ausgezeichnet.

Landkreis Wunsiedel

Auch der oberfränkische Landkreis Wunsiedel zählt zu den Vorbildern beim Thema Energiewende. Längst sprichwörtlich ist der „Wunsiedler Weg“: Der Aufbau regionaler Erzeugungskapazitäten, die sinnvolle Verknüpfung mit lokalen Abnehmern, die vor Ort zu Ende gedachte Sektorenkopplung bis hin zur eigenen Wasserstoffproduktion und zu Großspeichern zeigen eindrucksvoll, wie die Energiewende - richtig angegangen - zum Booster für die regionale Wertschöpfung werden kann.
Mit dem European Energy Award geht Wunsiedel diesen Weg nun konsequent weiter und implementiert Klimaschutz in allen Ebenen der Landkreis-Verwaltung. Schwerpunkte sind unter anderem die Weiterentwicklung der Wasserstoff-Modellregion, die Begleitung der kreisangehörigen Gemeinden bei Klimaschutz- und Klimaanpassungsmanagement sowie die Fortschreibung des bestehenden Klimaschutzkonzepts.

Beim im Oktober 2024 durchgeführten ersten externen Audit erreichte der Landkreis bereits mehr als 60 Prozent und wird daher mit dem European Energy Award ausgezeichnet.

Markt Scheidegg (Gold)

Bereits zum zweiten Mal wurde der Markt Scheidegg mit dem European Energy Award in Gold ausgezeichnet. Grundlage sei das große Engagement des Scheidegger Energieteams und die gute Zusammenarbeit mit der kommunalen Verwaltung bei voller Unterstützung durch den Bürgermeister, betonte Umweltminister Glauber. Beispielgebend ist hier die Organisation einer Selbstbauaktion von Balkonsolaranlagen durch Upcycling von alten PV-Modulen. Die Aktion fand unter großem Interesse statt und wird weiter fortgeführt
Weitere Unterstützung erfährt das Thema Klimaschutz in der Marktgemeinde durch eine kontinuierliche und auch sehr kreative Öffentlichkeitsarbeit, die auch erfolgreich Schwerpunkte in den sozialen Medien setzt.
Ein wichtiges Ziel für Scheidegg ist es, mehr Menschen zu überzeugen, den ÖPNV zu nutzen. So ist es nach mehrjähriger Planungsphase gelungen, eine grenzüberschreitende Buslinie mit regelmäßiger Taktung von Scheidegg nach Bregenz (Vorarlberg) einzurichten und dabei drei regionale Busnetze und die beiden Stadtbusnetze Bregenz und Lindau miteinander zu verbinden.
Im externen Audit konnte der Markt Scheidegg 78,9 Prozent der möglichen Punkte erreichen.

Förderung European Energy Award (eea)

Die Teilnahme am European Energy Award wurde gefördert vom Freistaat Bayern im Rahmen der Richtlinien zum Umwelt-Förderschwerpunkt „Klimaschutz in Kommunen“ im Klimaschutzprogramm Bayern 2050 (Förderrichtlinien Kommunaler Klimaschutz – KommKlimaFöR) unter dem Förderkennzeichen RvS- SG55.1-8704.6-3/55/3.

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